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Was ich von meiner 80-jährigen Mutter lerne

Bislang hat es mich nicht sonderlich beeindruckt, dass meine Mutter 80 Jahre alt wird. Sie arbeitet noch, macht jeden Tag Sport, reist für ihr Leben gerne und kocht regelmäßig für die Großfamilie - “Du hast doch so viel zu tun, meine Motte” sagt sie dann zu mir.

Wenn man auf das Leben meiner Mutter blickt, könnte man verwundert sein, dass da so eine lebenslustige Person vor einem steht. Wer wissen möchte, was Resilienz bedeutet, wer verstehen möchte, was ich mit “Unternehmertum bedeutet, etwas zu unternehmen” meine, kann dies durch einen Blick auf das Leben meiner Mutter verstehen.

Nach dem Krieg wandert ihr Vater mit Frau und sechs Kindern nach Brasilien aus. Als Arzt möchte er dort ein Sanatorium aufbauen, hilft vielen mittellosen Menschen und bleibt dabei selbst mittellos. Alle müssen mithelfen, um über die Runden zu kommen. Meine Mutter schmeißt mit zehn Jahren den Haushalt. Bald erkrankt ihr Vater schwer, sie pflegt ihn bis zum Tod. Die Familie kämpft sich durch. Mit 20 wird sie von meiner Oma nach Deutschland geschickt, um die deutsche Sprache aufzufrischen. Was als kurzer Aufenthalt geplant ist, dauert bis heute. Sie schlägt sich unter anderem mit dem Putzen von Zügen durch. Briefmarken, die sie gekauft hat, um ihrer Familie in Brasilien zu schreiben, muss sie wieder verkaufen, weil das Geld nicht reicht. Sie baut sich einen Freundeskreis mit ihren “Mininas” auf und hat ihren Bruder, der an sie glaubt. Sie entschließt sich, die Familiengeschichte fortzuschreiben und Medizin zu studieren. Eine Osteomyelitis bremst sie aus und sie muss ein Jahr im Krankenhaus verbringen. Aus dem Spital entlassen, setzt sie unbeirrt ihr Studium fort. Mit Anfang 30 lernt sie meinen Vater kennen. Verliebt, verlobt, verheiratet. Sie arbeitet als erfolgreiche Chirurgin. Mein Bruder wird geboren und meine Oma kommt nach Deutschland, um sie bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Als meine Großmutter meinen drei Monate alten Bruder ins Bettchen legt, mag sie sich selber ausruhen und wacht nicht mehr auf. Kindermädchen werden kurzfristig organisiert und irgendwie klappt es. Meine Mutter hat sich einen viel arbeitenden Mann ausgesucht. Als wir nach München ziehen, hört sie auf zu arbeiten und schmeißt den Alltag mit meinem Bruder und mir quasi alleine. Wie oft waren wir zu dritt am Gardasee im Ein-Mann-Zelt. Sie ist eine starke, zähe und selbstständige Frau, niemals nörgelnd über den abwesenden Ehemann, immer ihr eigenes Leben gestaltend und dennoch mit meinem Vater sehr verbunden. Wenn ich sie heute besuche, sitzen sie oft über das Weltgeschehen diskutierend beisammen - gerne auch mal kontrovers. Oder mein Vater liest ihr aus der Zeitung vor. Ich liebe das.

Das Leben meiner Mutter ist geprägt von ihrem eisernen Willen, der ganz sanft daherkommt und einen niemals erdrückt. Den Coup hat sie gelandet, als sie mit 60 Jahren eine Akupunktur-Ausbildung gemacht hat und diese “heimlich” mit Diplom abschließt. “Hab ich Euch nicht erzählt, wollte nicht so ein Theater drum machen”. Noch heute akupunktiert sie drei Mal die Woche in der Schmerzambulanz der LMU München. Irgendwann lerne ich zufällig Kameramann Rolf vom Bayerischen Fernsehen kennen, der, als er erfährt, wer meine Mutter ist, ganz ehrfürchtig wird und sie als seinen Guru bezeichnet.

Ich empfinde eine liebevolle Ehrfurcht vor der Lebenserfahrung meiner Mutter, ihrem Mut, ihrem Willen, ihrer Fähigkeit, sich immer wieder etwas einfallen zu lassen. Immer wieder aufzustehen. Bis heute. Altes abzuschließen und nach vorne zu blicken. Verbunden mit einer herrlichen Leichtigkeit, Bodenständigkeit und der Entschlossenheit, mit dem, was da ist, klarzukommen. Alles Eigenschaften einer Vollblut-Unternehmerin, auch wenn sie sich als solche niemals bezeichnen würde.


Gute Ideen für Neues Unternehmertum

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